Home | Startseite | Impressum | Kontakt | Gästebuch

 

Die Sarazenen

Besucherzaehler

Vgl. Ammianus Marcellinus, Buch 14, 4. Kapitel

 

Die Sarazenen, die wir uns niemals zu Freunden oder Feinden wünschen sollten, schwärmten weit und breit umher und verwüsteten alles, was zu finden war, in kürzester Zeit, ähnlich Raubgeiern, die, wenn sie eine Beute aus der Höhe erblicken, diese in raschem Anflug zu ergreifen suchen und, wenn sie sie erfaßt haben, nicht länger verweilen. Über ihre Gewohnheiten erinnere ich mich freilich, in der Geschichte des Kaisers Marcus und später gelegentlich berichtet zu haben; dennoch möchte ich auch jetzt einiges in Kürze über sie ausführen.

Bei diesen Stämmen, deren Gebiet von Assyrien bis zu den Katarakten des Nils und den Grenzgebieten der Blemmyrer reicht, sind alle Männer Krieger von gleichem Rang. Halbnackt, in bunte Umhänge bis zu den Hüften gehüllt, ziehen sie auf ihren schnellen Pferden und schlanken Kamelen im Frieden wie in Kriegszeiten umher. Keiner von ihnen faßt jemals einen Pflug an oder pflegt einen Baum und erwirbt durch Pflügen seinen Lebensunterhalt. Vielmehr durchstreifen sie stets weit ausgediente Landgebiete, ohne Haus, ohne festen Wohnsitz und Gesetze. Sie ertragen dieselbe Himmelgegend keine längere Zeit, und die Sonne desselben Landstrichs gefällt ihnen nicht lange. Sie führen ein Leben ständig in Bewegung; ihre Weiber mieten sie gegen Lohn für eine bestimmte Zeit mit einem Vertrag, und damit es den Schein einer Ehe gibt, überreicht die zukünftige Gattin als Mitgift ihrem Mann eine Lanze und ein Zelt, um nach einem bestimmten Tag davonzugehen, falls sie diese Wahl getroffen hat. Mit unglaublicher Leidenschaft geben sich bei ihnen beide Geschlechter der Liebe hin. So streifen sie zeit ihres Lebens weit umher. Das Weib heiratet woanders, gebiert an einem anderen Ort und zieht die Kinder fern davon auf, und niemals besteht für sie die Möglichkeit, sich auszuruhen. Für alle bietet das Fleisch wilder Tiere Nahrung, außerdem Milch, die es hier im Überfluß gibt und die die Hauptnahrung ist. Dazu kommen verschiedene Kräuter und Vögel, falls sie solche fangen. Die meisten von ihnen kennen, wie ich selbst gesehen habe, weder den Gebrauch von Getreide noch Wein. So viel über dieses gefährliche Volk. Doch jetzt will ich zu meinem Thema zurückkehren.

 

Quellen:

[1] Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte, Akademie-Verlag Berlin